von unserem jüngsten „Radiodoktor“
Erste grobe Bestandsaufnahme, gibt es noch Hoffnung?
Der erste Blick hinter die Rückwand,
sieht schon mal vielversprechend aus. Das Chassis hat leichte Anrostungen und alle Röhren stecken. Der Lautsprecher sieht auch noch intakt aus.
Wie zu erwarten, ist der dicke Blockkondensator in der hinteren Ecke, der offensichtlich nicht original ist, aufgequollen. Dieser wird entfernt. Der schwarze Kondensator zwischen den beiden Röhren hat auch schon bessere Tage gesehen. Die Verschlusskappe liegt lose im Gerät herum.
Die Netzschnur lädt förmlich dazu ein sie in eine Steckdose zu stecken…NICHT!!!
Der erste Blick unter das Chassis
Mhhhhm, lecker Teerklumpen am Gehäuseboden… Das riecht nach Arbeit.
Unter dem Chassis sticht einem sofort ein blauer Elko ins Auge.
Nicht original. Entfernen!
Bei dem Spulensatz sind auf dem ersten Blick schon mal alle Drähte verbunden, das macht Hoffnung.
Erste Arbeiten.
Nach studieren des Schaltplans, war schnell herausgefunden für was diese Ersatzkondensatoren waren.
Der große schwarze Elko zwischen den Röhren scheint kaputt zu sein und wurde sehr schlampig (einfach parallel geschaltet) durch die Neuen ersetzt.
Bevor man irgendetwas anfängt zu messen (oder Strom anlegt), empfiehlt sich diese zwei nicht originalen Teile zu entfernen.
Jetzt ist das Chassis wieder in einem originalen Zustand, in dem man jetzt anfangen kann zu messen und zu testen.
Die eigentliche Reparatur
Jetzt geht es rund. Die alte Netzschnur ist komplett porös.
Eine neue ist schon in meiner Hand.
Der Originalstecker, einer der ersten mit Schutzkontakt, ist noch in einem sehr guten Zustand und kann ohne Bedenken weiterverwendet werden.
Der erste Test, der durchgeführt wurde, war ob der Trafo noch funktioniert.
Die Wicklungen der Anodenspannung wurden auf eine Lötleiste verlängert, da sich so die Spannungen besser messen lassen können.
Der Trafo liefert alle Spannungen, die er liefern sollte.
Meine erste Teer-bomben Wiederbefüllung
Was für eine Sauerei.
Mit einer langen Schraube ging es dem ersten Kandidat an den Kragen, doch es funktionierte nicht so wie geplant. Mit einem Kastanienbohrer wurden zwei Löcher in die alte Teermasse gedreht. Mit einer Spitzzange, wurde in die beiden Löscher gegriffen und das komplette Innenleben herausgezogen. Der obere Deckel des Kondensators, wurde mit Heißkleber wieder an die Pappröhre geklebt und die neuen Kondensatoren (welche später zum Albtraum wurden, ) wurden innen schön verstaut.
Der zweite Kondensator ging auf Anhieb mit der langen Schraube raus. Man dreht eine lange Schraube in die Teermasse und versucht das Innenleben mit kraft aus der Papphülle zu ziehen. Aus Presspappe, wurde für beide Enden des Kondensators Deckel gebaut und diese mit Heißkleber fixiert. Zwischen Deckel und Rand wurde ein kleiner Abstand gelassen, welches nachher mit altem Teer aufgegossen werden kann da der Kondensator wieder Original aussehen soll. Zwei kleinere Kondensatoren wurden nach dem gleichen Prinzip neu befüllt.
Letzte Arbeiten vor der ersten Inbetriebnahme
Das Skalenseil was sehr porös war und schon mal geknotet wurde, wurde durch ein neues altes ersetzt.
Ein altes Stoff ummanteltes Kabel hat ein neues Innenleben bekommen und eine abgebrochene Lötstelle wurde neu verlötet.
Die Erste Inbetriebnahme
Das Radio spielte auf Anhieb an einem Messsender. Da der TA Eingang direkt mit dem Gitter und Masse verbunden war, wurde aus Sicherheitsgründen ein Kondensator dazwischen geschaltet.
Der Zusammenbau
Das Chassis wurde wieder vorsichtig in das Bakelit Gehäuse eingesetzt und verschraubt.
Der eigentlich Finale Testlauf
Brumm, Hä? Der hatte doch vorher nicht so gebrummt???
Doch! Nur der Lautsprecher lag mit der Membran zum Tisch, da hat man das Brummen nicht gemerkt.
Und noch mal alles auseinander nehmen. Da ich mir sicher war, das das nicht das letzte Mal ist, das das Chassis raus muss wurden die Lautsprecherkabel mit einer Lötleiste und Drähten verlängert.
Messgerät raus und noch mal die Stromaufnahme gemessen…normal.
Gleichrichter gewechselt…Brumm.
Nach langem durchkauen des Schaltplans mit ein paar Radiobastlern kamen wir auf die Idee den oben genannten Kondensator, der durch Folienkondensatoren ersetzt wurde, mit richtigen Elkos auszutauschen. Voila das Brummen ist weg. Ob es nun an den Kondensatoren oder an einer schlechten Lötstelle lag, weiß niemand.
Der letzte 1std. Test lief ohne Probleme und das Gerät kann (hoffentlich zum letzten Mal) in das Gehäuse eingebaut werden.
Nachts kommen auf Mittelwelle etliche Stationen hörbar rein. Langwelle und Kurzwelle sind so gut wie tot. Am Radio kann es nicht liegen, da es das Signal vom Messender empfängt.
Patient geheilt!
Goodies
Beim Inspizieren des Lautsprechers, ist mir die Schallwand entgegen gefallen und an einer Ecke war der Stoff lose und ich habe gesehen, das unter dem Stoff, noch ein Stoff liegt. Dieser Stoff ist etwas dunkler und hat von dem Überstoff einen Klebestreifen, aber das stört nicht.
Der untere Stoff ist wahrscheinlich der originale Stoff. Dieser ist viel schöner und passt farblich besser zum Gehäuse.
- Einen weiteren Bericht mit interessanten Lösungen finden Sie hier.
- Hier erfahren Sie, welche Geräte die Radioklinik repariert.
- Klicken Sie hier für Informationen über das Radio-Museum Linsengericht e.V.
Glückwunsch zum sehr gelungenen Erstlingswerk eines Reparaturberichtes! Sehr informativ und gut präsentiert!