Philetta mit Geschichte(n)…

Reparatur einer Philips Philetta B2D23A

von Dietmar Ehrhard

Diese Philetta ist etwas besonderes:

Erstens

…ist sie das letzte Modell, gebaut im Jahr 1962/1963, in der klassischen rundlichen Gehäuseform, die mit dem Modell BD244U im Jahr 1954 ihren Anfang nahm. Für die in den 50er und 60er Jahren kurzen Modellzyklen war die fast 10 jährige Designtreue außergewöhnlich.

Zweitens

…hatte sie ihrem Besitzer in der Studentenzeit romantische Stunden beschert, weil sie mit ihrer warmen Skalenbeleuchtung mehr als perfekt ein Kerzenlicht ersetzte. Auf weitere Details wird an dieser Stelle verzichtet und alles andere bleibt der Fantasie des Lesers überlassen.

Weitere Besonderheiten sind, das sie mit nur vier Röhren auskommen kann, da sie für die Demodulation bereits Halbleiter Dioden verbaut hat und der UKW-Bereich von 100 MHz auf 104 MHz erweitert ist.

Der Besitzer gab bei der Übergabe an, dass sie noch spiele, aber sehr warm wird.

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Staub und Schalter?

Also erst ein mal die Rückwand abbauen. Bei der Sichtkontrolle fällt auf, das ein Bastler einen Schalter in die Lautsprecherleitung eingebaut hatte und das ein dicker Staubteppich das Chassis bedeckt.

Außerdem weist der Lautsprecherstoff deutliche Dellen auf.

Nach einem ersten Staubsaugereinsatz kann das Chassis und der Lautsprecher raus.

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Heissleim…

Den Lautsprecherstoff hatte jemand mit Heißleim von innen geklebt. Mit Skalpell und ruhiger Hand lässt sich der Klebewulst abtragen. Mit Sprühkleber für Textilien bekommt der Stoff wieder flächig glatten Halt.

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Dass dieser Kondensator hinüber ist, kann man sehen: Hier ist Gefahr! Bauteile können zerstört werden.

Der ausgebaute Becherelko liefert die Antwort auf die Frage, warum das Radio zu viel Wärme produzierte. Er hatte bereits angefangen Elektrolyt herauszudrücken. Der Übeltäter ist identifiziert! Das durch den defekten Elko überlastete Netzteil erzeugte die erhöhte Wärmeabgabe, die glücklicherweise rechtzeitig wahrgenommen wurde. Das Radio spielte schon ganz leise „Spiel mir das Lied vom Tod“. Der Gleichrichter wurde glücklicherweise noch nicht zum „gleich riecht er“ und der Netztrafo zeigt noch keine Blessuren.

Einen intakter Ersatz für den Becherelko, in dieser wenig gängigen Größe und Form zu bekommen, geht gegen Null. – Es bleibt nur ein operativer Eingriff!

Der Elekrolytwickel muss raus und der Becher muss etwas modifiziert werden.

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Neu! aber hinterher nicht zu sehen!

Jetzt noch zwei spannungsfeste Hochvolt Elkos rein.

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gelungen: Sieht Original aus…

Hört sich leicht an, ist es aber ganz und gar nicht. Schlappe drei Stunden später hat er wieder seinen angestammten Platz auf dem Chassis. Eine Wellnesskur mit einer frischen Formierung macht ihn für die nächsten Jahrzehnte fit.

Zwischenzeitlich ist auch das Gehäuse und das Chassis gereinigt.

Jetzt beginnt die übliche Routine: Röhren prüfen, Kondensatoren prüfen und erneuern, Potis und Wellenschalter reinigen, Skalenbirnchen erneuern und … tata … der erste Probelauf. Das Radio läuft einwandfrei, bei normaler Stromaufnahme und besteht den einstündigen Probelauf.

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Nagellack als Schraubensicherung. Danke an die beste aller Ehefrauen! 😉

Gut, dann kann der Lautsprecher wieder montiert werden. Mit der mir einzig bekannten sinnvollen Verwendung von Nagellack geht es weiter. Alle Muttern werden wieder gegen Lockerung gesichert. Der Einbau des Chassis schließt sich an und den Chassis Schrauben wird ebenfalls eine Sonderbehandlung mit Nagellack zuteil.

Philetta
bereit für weitere Jahrzehnte….

Rückwand drauf, Wurfantenne erneuert und die Politur sorgt für den neuen Glanz des Gehäuses.