Arcolette T3: Baujahr 1927

Reparaturbericht zu einer Arcolette T3 von Telefunken von Gerold Welzel

Lange stand eine Spende im Fundus unseres Radiomuseums. Eine Kiste voll mit Staub und Radioteilen. Nach dem Sichten der Teile muss es sich um die Fragmente einer Telefunken Arcolette T3 von 1927 handeln.

Kiste

Der Vorbesitzer hat wohl die Idee gehabt, die Arcolette T3 zu restaurieren. Als er es zerlegt hatte und er von vielen losen Drähten angestarrt wurde, ist er wohl ohnmächtig geworden und hat dann die Teile in eine „Deutsche Markenbutter Kiste“ aus den 50er Jahren gepackt und in eine dunkle Ecke gestellt.  Als Zugabe war in der Kiste noch ein Buch „Selbstanfertigung von Radio-Apparaten“ von 1924. Nach dem neuen Verkleben des Buchrückens kann auch dieses interessante Buch nun im Museum gelesen werden.

Innen gereinigt
Nachher

Das Gerät ist ein batteriebetriebenes Audion mit 3 Röhren. Den Namen hat das Gerät von Georg Graf von Arco, der von 1903 bis 1931 führender Entwickler und Geschäftsführer bei Telefunken war.

Ein Puzzle für Große!

Erst einmal alles grob gereinigt und Bestandsaufnahme gemacht. Es ist fast alles vorhanden, bis auf alle Röhren, den Heizspannungsschalter und den Knopf für den Wellenschalter.

Die Pertinaxplatinen wurden liebevoll gereinigt, die abgerissenen Drähte wieder zugeordnet und verlängert.

Der Wellenschalter war total verbogen, konnte aber wieder gerichtet werden. Dabei wurde auch ein „neuer“ stilechter Knopf für den Schiebeschalter gebaut. Der defekte Wellenschalter hat sicherlich dazu geführt, dass die Arcolette T3 zur Seite gestellt wurde. Die beiden Spulen wurden wieder ordentlich befestigt. Alle Bauteile wurden ausgebaut und durchgemessen. Die Werte waren ok. Bei den Kondensatoren waren der Kapazitätswert und die Spannungsfestigkeit noch in Ordnung. Und das nach 97 Jahren! Das Prüfen der Bauteile ging ohne Lötarbeit, da sowohl die Kondensatoren als auch die Widerstände in Klemmfedern sitzen und ohne Werkzeug entnommen werden können.

Kondensator widerstand gedr

Die fehlenden Befestigungsschrauben wurden als Schlitzkopf Messingschrauben bestellt. Kreuzschlitzschrauben haben an einem solchen schönen Empfänger nichts verloren.

Um die Patina zu erhalten, wurde das Gehäuse nur mit Wachs poliert. Lediglich der Holzsockel ist mattschwarz gespritzt worden.

Die Kontaktfedern und Gleitflächen der Drehkos wurden gründlich gereinigt. Dann habe ich die beiden Platinen wieder zusammengeschraubt und mit Hilfe eines Prüfsenders und Oszilloskop die verschiedenen Wellenbereiche überprüft. Das Gerät empfängt von 150 kHz bis 1,5 MHz in drei Bereichen. Alles wieder in Ordnung! Die losen Drähte sind also wieder an den richtigen Positionen und der Wellenschalter funktioniert auch. Bei dieser Prüfung kann man auch sehr gut die einwandfreie Funktion des Abstimmdrehkos sehen. Keine Aussetzer und keine Sprünge im gesamten Stellbereich.

Die geflochtene Anschlussschnur für Anoden- und Heizbatterie musste etwas gekürzt werden, um die beschädigten Stellen zu entfernen. Die Bananenstecker wurden soweit erforderlich ersetzt.

Geschafft, das Arcolette T3 Puzzle ist wieder zusammen. Ich muss aber zugeben, dass ich vorher schon einige Wochen zusammen mit unserer Enkelin das Lösen von Puzzles geübt habe, hi,hi!

Arcolette T3

Ein solches Radio wie die Arcolette T3 ist eine ganz andere Herausforderung im Vergleich zu den Geräten aus den 50er und 60er Jahren. Inzwischen ist die erste Röhre eingetroffen. Sie ist fast neuwertig und die Audionstufe empfängt den ersten Mittelwellensender, juhu!  Dabei hat sich herausgestellt, dass der Anschluss „Anode –„ nicht etwa die gemeinsame Masse ist, sondern der Anschluss „7,5-10V“. „Anode –„ geht direkt auf den Gitterwiderstand der Endröhre und liefert die negative Gittervorspannung. Der Schaltplan ist da etwas zweideutig.

Jetzt noch schnell den Kippschalter von 1927 nachbauen, dann kann es weitergehen.

Es ist herrlich, dass dieses alte Radio die lange Zeit überstanden hat und wieder zu neuem Leben erweckt werden konnte.

Dieses Radio können Sie live im Radio-Museum Linsengericht e.V. erleben.

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