Lang ists her: Fritter, Kohärer, Coherer

Von Gerold Welzel

Als es noch keine Kristalldetektoren, Röhren oder Halbleiter gab, benutzte man ein heute fast vergessenes Bauelement um Hochfrequenz nachzuweisen: Damals diente der Kohärer (englisch Coherer), im Deutschen auch als Fritter bezeichnet, zur Detektion von elektromagnetischen Wellen im Frequenzbereich von Radiowellen. 

Marconi Branly Kohärer Detektor
Marconi Branly Kohärer Detektor

Geschichte des Kohärers


1892 leitete der französische Physiker Edouard Branley Hochfrequenzstrom durch feine Metallspäne. Er beobachtet, dass sich der Widerstand der Späne dabei verringerte. Branley war einer der ersten Ingenieure der Metallspäne zwischen zwei Elektroden in ein Glasrohr einbaute. Er testete auch Späne aus verschiedenen Metallen.


Um 1895 experimentierte der Italiener Guillermo Marconi mit dem Kohärer. Er optimierte die Elektroden und die Metallspäne um die Empfindlichkeit des Aufbaus zu erhöhen. Marconis Ziel war die drahtlose Kommunikation über große Distanzen. Dafür entwickelte Marconi einen Funkempfänger mit einem solchen Bauteil.
Auch der Fuldaer Radiopionier Ferdinand Schneider baute und experimentierte mit diesem Bauelement. Ihm gelang es auf dem Kreuzberg in der Rhön Funksignale vom Eifelturm in Paris zu empfangen. 

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Dieses Gerät war ca.10 Jahre lang das einzige Bauelement um Hochfrequenz zu detektieren.  Erst 1905 wurde er durch Röhren, die einfacher in der Handhabung und empfindlicher waren ersetzt.

Mechanischer Aufbau


Beim Branley oder Marconi Kohärer sind zwei 4mm Messing Elektroden in einem evaluierten Glasrohr aufgebaut. Die Elektroden haben an der Spitze einen 15 Grad Winkel und einen Abstand von 0,5mm. Zwischen den Elektroden befinden sich Metallspäne in einer Mischung aus 95% Nickel und 5% Silber.


An den Kohärer kann eine Gleichspannung von 0,5V bis 3,0V angelegt werden ohne dass er selbst leitend wird. Mit dieser Spannung kann ein kleines Hilfsrelais betrieben werden. Wenn einmal hochfrequente Energie am Kohärer anliegt wird das Gerät leitend und bleibt leitend, auch ohne weitere hochfrequente Energie. 
Das Gerät ist eigentlich nicht leitfähig (der Widerstand liegt bei einigen Megaohm), da die Metallspäne oxidiert sind. Erst durch das Anlegen der, von der Antenne zugeführten, Hochfrequenz kommt es zum Überschreiten der Kohärerspannung und der Kohärer wird niederohmig.

Die Kohärerspannung ist die Spannung, bei der Widerstände wie Oxidschichten, Korrosion oder Verschmutzungen an den Kontaktpunkten der Metallspäne durchschlagen werden. Dieser Effekt ist heute durch den Tunneleffekt erklärbar. Als Tunneleffekt bezeichnet man das Phänomen, bei dem ein Elektron eine Barriere einfach durchqueren kann, auch wenn ihm eigentlich die Energie fehlen würde, um die Barriere zu überqueren. Die zusätzliche Energie hierzu kommt aus der empfangenen elektrischen Welle. Diese Leitfähigkeit bleibt auch erhalten, wenn die Hochfrequenz verschwindet. Es haben sich somit punktförmige Kontaktstellen an den Metallspänen gebildet. Durch Erschütterung werden diese Kontaktstellen soweit verschoben, dass der Kohärer wieder hochohmig wird. 

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Man kombinierte den Kohärer mit einem Wagnerschen Hammer um diese mechanischen Erschütterung automatisch ausführen zu können. Dabei wird jedes Mal, wenn durch Empfang eines Hochfrequenzsignals das Bauteil leitend wird, ein Elektromagnet eingeschaltet wird, was dazu führt, dass ein Eisenplättchen angezogen wird und ein kleiner Bolzen auf das Gerät schlägt. Dadurch wird der Kontakt unterbrochen. Wenn die Tastfrequenz des Senders geringer ist als die Eigenresonanzfrequenz der mechanischen Anordnung kann man Impulsketten, als Morsezeichen übertragen. 

Mit dieser Technik ist die Kommunikation zwischen Amerika und Europa gelungen. Der Kohärer konnte aber nur digitale Signale detektieren. Zur Demodulation analoger AM Signale benötigt man Kristalldetektoren, Röhren oder Halbleiterdioden. Erst mit diesen Bauelementen wurde dann Radio Rundfunkempfang möglich.

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Auch im Radiomuseum Linsengericht können wir Sie einen Kohärer in Funktion sehen und die Anfänge der Funktechnik um 1900 live erleben.

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