Braun Kofferradio T22

Reparaturbericht zu einem Braun Kofferradio T22 von Dietmar Ehrhard

„Da kommt ein Kofferradio zur Reparatur. Das ist was für Dietmar“, ruft ein Kollege. Die Radioklinik ist wie immer am Freitagabend geöffnet und ein Besucher hält stolz ein Braun Kofferradio aus den 60er Jahren in den Händen Dieses Radio designed by Dieter Rams ist in der Tat ein Hingucker. Weshalb und seit wann man mich zum Kofferradio Spezialisten auserkoren hatte, entzieht sich völlig meiner Kenntnis. Vielleicht weil ich wegen des begrenzten Platzes auf meinem Reparaturtisch gerne kleinere Geräte bevorzuge. Außerdem kann ich solche Geräte auch bequem unter den Arm mit ins Home-Office nehmen.

Der Besitzer Dr. Momme Thiessen aus Frankfurt am Main erzählt, das er den T22 in seiner Schulzeit vom mühsam zusammengesparten Geld gekauft habe. Das Radio sei immer sein treuer Begleiter gewesen. In letzter Zeit fristete das Radio jedoch ein vernachlässigtes Dasein. Daher war es kein Wunder, das es bei der kürzlichen Wiederentdeckung keinen Mucks mehr machte.

Beim Öffnen des Batteriefachs kam dann die erste „Bescherung“ ans Tageslicht. Ausgelaufene Batterien und verrostete Kontakte verhinderten jeglichen Hörgenuss. Also kam das Gerät in eine Reparaturwerkstatt, die an den Kontaktspitzen den Rost rudimentär abgefeilt und neue Batterien eingesetzt haben. Das Radio versagte dennoch seinen Dienst, was zu der Entscheidung führte, dass das Gerät irreparabel sei.
Glücklicherweise hörte der T22 Liebhaber im Hessischen Rundfunk von unserem Radio-Museum und der dazugehörigen Radioklinik. Mit neuer Hoffnung hat er uns dann besucht.

Der äußere Zustand des T22 Radios ist, bis auf die gelötete Antenne, einwandfrei. Der Klangregler sitzt fest und bei voll aufgedrehter Lautstärke hört man ganz leise Musik. Es scheint also noch ein bisschen zu leben. Die Diagnose fällt wie bei uns üblich aus: „Das kriegen wir hin!“

Das ist was fürs Home-Office. meine ich und nehme das Radio mit. Dann geht es los. Eine Nacht darf das Radio schon mal Werkstattluft schnuppern.
Dann Gehäuse öffnen, Batteriefach öffnen und Batterien entfernen. Eine Drahtverbindung löst sich schon von alleine, was nicht tragisch ist, da das ganze Teil eh raus muss.
Die Kontakte sehen wirklich nicht mehr schön aus.
Innen sieht es sehr aufgeräumt und übersichtlich aus.
Also Chassis raus. Das Elektrolyt eines Kondensators kann man im Innern des Gehäuses bewundern.

Spätestens jetzt sind Service Unterlagen des T22 hilfreich.
Der Übeltäter (unten) im ausgebauten Zustand. Folgendes Messgerät wurde hierfür eingesetzt: Zwei gesunde Augen. 😉
Aufgeräumt und übersichtlich bedingt nicht gleich servicefreundlich, lerne ich jetzt. Um die Verstärkerplatine zu lösen, muss erst der Lautsprecher über den Schrauben entfernt werden.
Auch die ZF Platine ist im rechten Winkel mit der Verstärkerplatine verschraubt. Die in einem Dickicht von Drähten versteckte Schraube ist selbstverständlich nur mit einem langen Schraubendreher durch diverse Hindernisse zu erreichen.


Toll, alle Transistoren des T22 sind noch im Original vorhanden. Ein besonderer Augenschmaus sind die Transistoren im mattschwarz lackierten Glasröhrchen. Das weckt Jugenderinnerungen. Nach über 60 Jahren verrichten sie einwandfrei ihren Dienst.
Der unter einem Gewindebolzen eingeklemmte Elko wurde entfernt, bevor er „Plopp“ sagen konnte. Auch alle restlichen verdächtigen Kondensatoren, insgesamt 10 Stück an der Zahl werden ersetzt.
Ach ja, da war doch noch was. Der Klangregler ist fest. Mutter lösen und Potentiometer ausbauen? Nee, so einfach geht das nun nicht. Die Halterung samt Lager für die Ferritantenne muss raus, bevor man an das Poti kommt.
Mit dem extrahierten Poti sieht das schon besser aus.

Das Poti wird mit Nieten zusammen gehalten. Also Nieten erst ein mal aufbohren. Jetzt beginnt die Geduldsprobe. Das festsitzende Gehäuseteil mit Gleitlager muss vorsichtig, durch zugeben eines Lösemittels unter leichtem Klopfen und auf die Achse, Millimeter für Millimeter abgezogen werden. Und schwuppdiwupp, eine halbe Stunde später offenbart sich, mit dem abgezogenen Gleitlager, der Defekt.
Jetzt darf der Poti baden. Nein das ist kein Irischer Whiskey, auch wenn die Farbe darauf hin deutet. Den würde ich eher selbst innerlich anwenden um die Nerven zu behalten. Es ist vielmehr ordinärer Spiritus mit einem Hauch von Schmiere und Schmodder.
Na gut, dann ist heute Badetag. Auch Zähne müssen geputzt werden! Die Tasten genießen eine Dusche am Badewannenrand.


Die Batteriekontakte kann man so nicht lassen. Ein Peeling in Zitronensäure sollte den gröbsten Rost entfernen.
Die Gehäuseteile dürfen zum Duschen ganz in die Badewanne und danach bei wohliger Wärme auf der Heizung trocknen.
Das Poti sieht aus wie vorher, mit dem Unterschied, das es jetzt auch wieder funktioniert.
So jetzt sind alle Kondensatoren getauscht, die Platinen wieder an Ort und Stelle, verschraubt. Auch der Poti und der Lautsprecher sind montiert und verdrahtet.
Übrigens, Schrauben sichern, ist die einzige, aber auch wirklich die einzige sinnvolle Verwendung von Nagellack! 😉
Die einigermaßen gereinigten Batteriekontakte kommen wieder in die bereits montierte Box und das Chassis wandert zurück in das Gehäuse.

Am Anfang galt: “Wie Sie hören, hören Sie nix“. Jetzt ,10 Arbeitsstunden später, hört es sich ganz toll an. Bald finden Sie hier hoffentlich eine Klangprobe.
Der T22 ist fit für die nächsten Jahrzehnte mit hoffentlich vielen schönen Stunden Hörgenuss.

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