Reparaturbericht Graetz Landgraf F39

Graetz Landgraf: frühe TV/Radio Kombination

Die Serie Landgraf wurde von Graetz in Altena etwa zwischen 1955 und 1960 als kombiniertes Fernseh-Radio-Tischgerät gebaut. Der beschriebene Typ F39 war sozusagen die 2. Generation nach dem F27. Bei der Bildröhre handelt es sich um eine AW 43-80 von Valvo.

Bei der ersten groben Durchsicht fiel auf, dass die UF89 des Radioteils Luft gezogen hatte und damit unbrauchbar war. Alle anderen Audio-Bauteile befanden sich optisch im ordentlichen Zustand, nachdem Staub und Spinnweben entfernt wurden.

Bei der Restaurierung habe meine Aufmerksamkeit zunächst dem Radio-Bereich gewidmet. Die Wickel-Kondensatoren wurden alle ausgetauscht. Die Elkos (2 x 50 uF) wiesen zwar messtechnisch noch brauchbare Wert auf, aber vorsorglich habe ich den Becherelko stillgelegt. Der „Gleich riecht er“ auf Selenbasis funktionierte, aber entwickelte rasch Temperatur, die über den Begriff „handwarm“ hinausgingen. Auch hier erfolgte ein Austausch. Ebenfalls ersetzt wurde die UCC 85 und UM 80.

Der erste Probelauf zeigte neben einer exzellenten Tonqualität gute Empfangseigenschaften auf allen verfügbaren Bändern (L,M,K,UKW). Dieser Teil der Reparatur war damit erfolgreich beendet.

Deutlich komplizierter erwies sich die Wiederherstellung des Fernsehers. Die „Kondensator-Kur“ war in mehrfacher Hinsicht aufwändig. Zum einen sind diese Teile oft an schwer zugänglicher Stelle verbaut und zum anderen ist die Beschaffung der Werte im Bereich von 1000 Volt Spannungsfestigkeit nicht ohne Weiteres möglich. Daher habe ich aus meinem Fundus mitunter mehrere Werte so zusammengestellt, dass sie dem Original entsprachen. Das ist zwar kein optischer Leckerbissen. Da sie aber unterhalb des Chassis angeordnet sind, ist das ganze vertretbar, mit anderen Worten: Man sieht es nicht auf dem ersten Blick.

In der ersten Runde habe ich allerdings die Kondis im Gerät belassen, deren Messwerte gut bis sehr gut gewesen sind. Ein Fehler, wie sich später herausstellte. Bei den vorbereitenden Arbeiten ist noch eine gründliche Reinigung alles Kontakte, u.a. im Fernsehtuner und in der Schalterei zu erwähnen.

Die drei Becherelkos der Marke Dominit wiesen bereits bei der ersten Messung völlig unzulängliche Wert zwischen 36 und 70 uF anstatt 100 resp. 50 uF auf. Um aus Dominit kein „Dynamit“ entstehen zu lassen, wurde alle Becher stillgelegt und sechs neue Elkos verbaut. Sie befinden sich ebenfalls unterhalb des Chassis – und damit weitgehend unsichtbar – mit Heißkleber zu einem Block vergossen und dann mit einem starken Schlauchbinder am Metallrahmen befestigt und neu verdrahtet.

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Kondensatoren als Ersatz für Becherelko

Bei der Röhrenbestückung wurden zunächst nur die vier EF 80 ausgetauscht. Die Bildröhre ergab bei einer ersten Messung (Müter) einen zufriedenstellenden Wert. Nach der Regeneration, ebenfalls mit Müter, lag der Wert im Bereich „Gut“. Mit Sorgen habe ich den Zeilentrafo betrachtet. Die schützende Hülle war weitgehend „heruntergetropft“, ein Vorgang der allerdings bei vergleichbaren Geräte immer wieder zu beobachten war und im Netz mehrfach beschrieben wurde.

Zeilentrafo Isolation
Isolation am Zeilentrafo.

Somit war das Fernsehgerät für einen ersten Probelauf bereit. Nach der entsprechend langen Vorwärmzeit zeigte die Bildröhre Helligkeit. Die horizontale Ablenkung ließ sich einstellen, aber im vertikalen Bereich gab es ernste Probleme. Nach wenigen Sekunden brach das Bild zusammen, baute sich wieder auf, um dann gleich wieder abzutauchen. Hier war also intensive Nacharbeit im Hochspannungsteil erforderlich.

blitz... Bild ist weg
Blitz… Das Bild ist weg…

Bei der Ursachenforschung gerieten als Übeltäter die PCF 80, PL 36 und PY 83 sowie die Kondensatoren an der Primärseite des Hochspannungstrafos in Verdacht. Der Austausch brachte nicht das gewünschte Resultat. Immerhin konnte festgestellt werden, dass der unansehnliche Zeilentrafo ruhig und ohne jegliche Funkenbildung seine Arbeit verrichtete. Mehr durch Zufall habe ich dann in der Vertikalstufe die ECH 81 – also die Röhre vor der PL 36 – ausgetauscht. Jetzt war der Zusammenbruch weg!

Jetzt war es Zeit für ein Bildsignal. Das Bild zeigte sich, aber mit schwarzem Streifen und ließ sich vertikal nicht fangen. Auf Anraten eines Fernsehspezialisten wurden jetzt alle Kondensatoren (außer Styroflex mit niedrigen Werten) einer Überprüfung auf Spannungsfestigkeit (1000 Volt) unterzogen. Alle in Frage kommenden Bauteile hielten dieser Überprüfung NICHT stand. Auch hier war eine Beschaffung passender Werte nicht immer möglich. Nur durch Kombination konnten die alten Kondis schließlich alle ersetzt werden – und das Bild stand!

Elko: defekt
Dieser alte Bursche kann das mit den 1000 Volt nicht mehr…

Jetzt galt es lediglich einigen unschönen weißen kleinen Streifen am oberen Bildrand den Garaus zu machen. Sie zeigten sich immer beim Einsatz eines chinesischen Frequenzwandlers. Die Ursache: Das Ausgangskabel (75 Ohm). Die Lösung: ein Antennen-Impedanz-Anpassung mit einer Koax-Spule (Bild).

Impedanzanpassungsschleife
Impedanzanpassung

Ein sehr gutes Bild gibt auch die Zwischenschaltung eines Videorecorders mit Antennenausgang und dem klassischen UHF Konverter. Dann ist die Koax-Spule entbehrlich. Getestet wurden beide Verfahren auf Kanal 3. Der Landgraf bietet keinen direkten UHF Eingang und der Antennenanschluss ist nur über Bananenstecker (240 Ohm) möglich.

Zusammenfassung

Bei Landgrafen lohnt sich eine Restaurierung in jedem Fall. Das Gerät ist optisch ein Hingucker mit vergleichsweise geringen Abmessungen und hervorragender Verarbeitungsqualität. Die Tonqualität übertrifft fast jedes moderne TV-Gerät, was dem Holzgehäuse und guten Lautsprechern geschuldet ist. Mit rund 35 kg (!) nicht gerade ein Leichtgewicht, so dass sich für alle Arbeiten eine Trennung von Chassis und Gehäuse empfiehlt.

Ein Wort zu den Kosten

Der Einstandspreis des Landgrafen betrug 100 Euro. Die Ersatzteile (incl. Röhren) schlagen mit und rund 150 Euro zu Buche. Nicht rechnen darf man natürlich die Arbeitszeit, die sehr viele Stunden erfordert. Ein gelernter Techniker schafft es sicherlich schneller. Das bin ich aber nicht, sondern für mich war das Hobby-Arbeit, wobei ich allen herzlichen Dank sage, die mich dabei mit Rat und Tat sowie nützlichen Tipps unterstützt haben. Es hat sich gelohnt. Einem absoluten Neuling auf dem Gebiet von Radio- und Fernsehtechnik würde ich von diesem Vorhaben aber eher abraten…

Graetz Landgraf F39
Graetz Landgraf F39TV-Betrieb von DVD mit zwischengeschaltetem Videorecorder und UHF Konverter.
Graetz Landgraf F39 Radioteil
Rundfunkskala mit magischem Auge.

2 Gedanken zu “Reparaturbericht Graetz Landgraf F39”

  1. Hallo ich brauche Hilfe

    ich habe einen Landgraf F39. Radio Klappt.
    Bild leider nicht.

    Problem:

    Die Heizung der Gleichrichterröhre EY86, schaltet sich für ca. 2 sek ein und dann geht sie wieder aus. Die Hochspannung an der Röhre liegt an.
    Laut Schaltplan ist im Röhrensockel ein Widerstand mit vergossen. Ich vermute er ist defekt.

    kann das sein oder liege ich da falsch.

    es wäre super, wenn mir einer Helfen könnte.

    viele Dank

    LG
    Patrick

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