Metz Babyphon 200

Das Gerät habe ich in einem betriebsfähigen Zustand erworben. Es befand sich sozusagen im „Auslieferungszustand“. Sehr wahrscheinlich sind Röhren im Laufe des Radiolebens ersetzt worden, denn anstatt der Endpentode DL 94 war eine DL 96 eingesteckt, die eine fühlbar geringe Verstärkung aufweist als das Original. Dafür braucht die DL 96 auch weniger Heizenergie. Vielleicht ein Hinweis auf den durchaus nachvollziehbaren Wechsel bei häufigem Batteriebetrieb.

Um den allfälligen Austausch der sehr zahlreichen Kondensatoren vornehmen zu können, ist eine völlige Demontage des Gerätes erforderlich. Selbst nach dem Ausbau des kompletten Chassis gestaltet sich der Wechsel von Bauteilen außerordentlich schwierig. Ein Grund ist der Verbau auf Platinen auf engstem Raum. Die feinen Leiterbahnen sind altersbedingt brüchig und jede Lötöse bedarf besonderer Aufmerksamkeit. Dabei war es in einigen Fällen unvermeidlich, Lötbrücken neu einzufügen.

chassis

Ein zusätzliches Erschwernis war der Verbau von kleinen Ergänzungsplatinen, die senkrecht auf der Hauptplatine eingelötet worden sind. Zwei dieser Platinen konnten unverändert belassen werden, weil sie nicht mit „Problemkondensatoren“ bestückt waren. Mit Hilfe des Lötprofis Günther Helwig wurde die Platine in der Endstufe (Verbindung zwischen DAF 96 und DL94) „herausoperiert“ und nach Austausch von Elko und Koppelkondensator wieder implantiert. Ein diffizile Aufgabe in Anbetracht des sehr gedrängten Bauraumes.

loetoesen

Nach Abschluss dieser Arbeitsschritte war der NF-Bereich wieder vollständig hergestellt. Im UKW Teil war schließlich noch Ersatz für die DC 90 erforderlich. Dank an Wolfgang Ruf, der dieses Ersatzteil beschafft hat. Für den MW Empfang war schließlich noch die Reinigung und Justage des Drehkos erforderlich. Danach Empfang vom Testsender in ordentlicher Qualität.

Eine besondere Herausforderung bildete der Plattenspieler. Der Motor lief, das Kristallsystem hatte jedoch die besseren Tage hinter sich. Bei dem Motor (6 Volt Betriebsspannung) brachte Reinigung und Schmierung einen dem Alter entsprechenden passablen Gleichlauf. Allerdings weist das Kunststofflager für die Drehachse des Plattentellers zwei Haarrisse auf. Eingebettet in den Kunststoffe befinden sich zwei Messingführungen, die für den Gleichlauf sorgen. Erst nach zweimaligem Hinsehen entpuppte sich die unter Messingbuchse als gelockert, was den Gleichlauf negativ beeinflusste. Sparsamer Einsatz von Sekundenkleber, eine Abdeckscheibe zur Sicherung und zwei Kabelbinder erlauben jetzt eine Wiedergabe von alten 45er Singles – so wie früher.

lager plattenachse

Nicht zu retten war das eingebaute Kristallsystem des Tonabnehmers. Die Widergabe beschränkte sich auf wenige Frequenzen im Hochtonbereich, also absolut unbefriedigend. Abhilfe brachte ein System von einem anderen Plattenspieler, das freundlicherweise von Daniel Reuß (Musikboxtechnik Büdingen) zur Verfügung gestellt wurde und einwandfrei funktioniert.

Wie bei allen älteren Geräten hatte der Zahn der Zeit – sprich UV-Strahlung – am Kunststoffbezug unansehnliche Spuren hinterlassen. Da das Gerät bereits komplett demontiert war, konnte eine Kompletteinfärbung vergleichsweise einfach realisiert werden. Zum Einsatz kam ein Färbespray aus der Schuhbranche, das für das Umfärben von Schuhen angeboten wird und dessen Wirksamkeit auch bei Kunstleder vom Hersteller empfohlen wird. Das Ergebnis (siehe Bilder) ist ausgesprochen positiv, weil sich der gesamte Kunstlederbezug des Babyphones wieder nahezu im Originalbeige präsentiert.

Alles in allem ein beträchtlicher Aufwand, der sich aber lohnt, weil dieses Metzgerät eines der letzten Modelle bestückt mit Röhrentechnik ist. Insbesondere beim Betrieb des Plattenspieler stellen sich dann wieder viele Jugenderinnerungen ein…

Hier finden Sie ein Video zum Metz Babyphon: